28.08.1999 – 100 Jahre „Becker Bier“ im Gasthaus „Zur Post“

(leicht redigierte) Jubiläums-Festrede von Egon Vogelgesang, 28. August 1999

Jubiläumsfeier (1999) Nico Becker, Egon Vogelgesang

Liebe Festgäste!

100 Jahre Becker’s Bier in unserer Wirtschaft – das ist ein Grund zum Feiern. Auch im Namen meiner Frau heiße ich Sie alle herzlich willkommen.

Ich bin kein Mann von langen Reden, das weiss jeder, und wenn ich die Male aufzählen soll, wo ich so etwas gemacht habe, dann kann ich es an einer Hand abzählen.

Mir kommt jedoch als angeheirateter Wirt heute diese Ehre zu, und so darf ich jetzt ein paar Worte an Sie alle richten.

Als erstes lohnt sich ein Blick zurück in die Geschichte:

1885 wurde das Haus, in dem die „Wirtschaft zur Post“ beheimatet ist, von Peter Franz II. und seiner Frau Magdalena (geb. Schwartz) gebaut. Sie sind sozusagen die „Urahnen“, denen wir dieses Fest heute zu verdanken haben.

Einige Zeit gab es Walsheimer Bier zu trinken, doch es dauerte keine 15 Jahre, da kam das Bier aus St. Ingbert, von der damals noch jungen Brauerei Becker.

Das „Wirtshaus zur Post“ (ca. 1913) in den Fenstern: Maria Marx, Friedel Franz, Johann Franz; stehend: Maria Lutsch (geb. Franz), Lisbeth Franz, Ida Bauer (geb. Franz) (weitere Personen nicht genau bekannt)

Einen Nachkommen dieser Familie, den früheren Chef der Brauerei, Herrn Nico Becker, begrüße ich deshalb mit besonderer Freude und Herzlichkeit. Herr Becker, es ist uns eine große Ehre, dass Sie heute unter uns sind und gleich im Anschluss den Fassanstich vornehmen werden.

Die zweite Generation der Wirtsleute waren Johann Franz und seine erste Frau Maria Marx (nach ihrem Tode seine zweite Frau Emma Hofmann).

Von 1910 bis 1949 haben sie Becker’s Bier ausgeschenkt an jung und alt. Es muss eine sehr bewegte Zeit gewesen sein, wie die beiden Daten – 1910 vor dem 1. Weltkrieg und 1949 nach dem 2. Weltkrieg – beweisen. Sie waren Land- und Gastwirte, beides zusammen, nebeneinander – und beides mit Leib und Seele.

Fridolin Franz (ca. 1960)

Dies gilt auch für die Nach-folger: den Sohn Fridolin Franz (aus russischer Kriegsgefangenschaft heim-gekehrt) und seine Frau Irma (geb. Bauer) – nach Krieg und Evakuierung.

Und hier beginnt die Geschichte bis in unsere Tage hinein lebendig zu werden, denn viele von Ihnen haben beide noch gekannt.

Vor einem Jahr erst starb „es Irma“ – wie man zu ihrem 85. Geburtstag in der Saarbrücker Zeitung nachlesen konnte: damals die älteste Wirtin des Saarlandes und eine Institution in Eschringen. Sodass es am Schluss fast nur noch hieß: „Mir gehn zum Irma“ und nicht mehr „Mir gehn in Eislersch“.

Irma Franz in ihrem Element (1994)

Unterstützt durch meine Frau und mich, die Verwandtschaft von beiden Seiten und Freunde, die immer zur Stelle waren, wenn Hilfe gebraucht wurde, haben die beiden – vor allem „es Irma“ – die Wirtschaft zu dem gemacht, was sie heute ist: eine Becker-Bier-Wirtschaft mit Tradition. Und das heißt in unserem Fall:

  • mit Hausmacher-Wurstbroten – lange Zeit aus eigener Schlachtung und eigenem Backofen, der noch im hinteren Hof zu bewundern wäre,
  • mit Frühschoppen nach dem Kirchgang – wir sind eine Wirtschaft, deren Farbe mit der Talarfarbe des Pfarres übereinstimmt!

Und wenn man von Ormesheim nach Eschringen hineinkommt, dann gibt es einen schönen Blick: unsere Wirtschaft und oben drüber – wie draufgesetzt – die Eschringer Kirche.

Zur Tradition gehören auch die Stammgäste, mit denen es manchmal ziemlich spät werden kann – oder früh, wie man will. Zum Leidwesen vieler Hausfrauen heisst es manchmal sonntags, wenn’s arich scheen isch:

„Mit trinke noch e Bier, donn hommer die Supp gespart.“

Einen Stammgast möchte ich stellvertretend für alle besonders erwähnen, der, wenn er daheim in Eschringen weilt, immer da ist: Zimmermanns Erich aus Brasilien – und seine Frau Resi.

Sängerfest des Gesangvereins „Frohsinn“ (1922)

Zur Tradition gehören nicht zuletzt die singenden und musizierenden Vereine unseres Dorfes.

Ich heiße willkommen und freue mich, dass sie diese Feier mitgestalten:

  • den Kirchenchor „St. Laurentius“ und seinen Dirigenten Martin Hoffmann,
  • den Gesangverein „Frohsinn“ mit seinem Dirigenten Willi Wehr,
  • den Musikverein „Lyra“ mit seinem Dirigenten Wolfgang Dries
  • die Jagdhornbläsergruppe „Alte Post“ unter der Leitung von Jürgen Breit.

Ich begrüße des weiteren die Freiwillige Feuerwehr Eschringen mit Löschbezirkführer Jörg Elberskirch sowie alle anderen Eschringer Vereine, deren Vertreter sich hier eingefunden haben, an ihrer Spitze den Vertreter der AG der Eschringer Vereine, Herrn Edgar Hartz, der nachher ebenfalls noch ein paar Worte an uns richten wird.

Und was wäre Eschringen ohne Ensheim? Es spricht für gutes Miteinander, wenn heute nachmittag auch etliche Ensheimer da sind. Unter den Gästen möchte ich besonders den Männergesangverein „Liederkranz“ und die Helfer aus Ensheim hervorheben.

Gibt es auch Gäste aus Ormesheim?— bitte einmal um ein Handzeichen; aus Fechingen?—aus Raaschbach? Aus der Stadt?—von anderswo?

So, jetz’ is jo doch e charmandi Redd wor!

In der „Posthalterstube“: Ortschronist Heinrich Moog stellt die erste Ausgabe der „Eschringer Hefte“ vor (1996)

Bleibt mir nur noch Ihnen allen viel Freude beim Mitfeiern zu wünschen – und das, was der Wirt sagt, wenn er ein Getränk serviert, soll heute den ganzen Tag gelten: „Zum Wohl!“

Einen großen Dank sage ich zum Schluß allen, die uns bei der Vorbereitung und Durchführung des Festes helfen und geholfen haben; stellvertretend für alle anderen nenne ich meine Freunde Karl Schweitzer, Benno Mascioni und Eckhard Franz, sowie Herrn Roland Schmitt von der Geschichtswerkstatt, der eine kleine Ausstellung aus interessanten Fotos aufbereitet hat.

Und jetzt darf ich Sie, Herr Becker, bitten, das Fest mit dem Fassanstich zu eröffnen.

Herzlichen Dank.

Anmerkung: Laut Ursprungsmanuskript sollten auch Herr Pfarrer Fridolin Flieger und Herr Peter Franz (von der Saarbrücker Zeitung) begrüßt werden. Dies musste entfallen, da beide verhindert waren.

Postagentur (1902 – 1908)

Kleine Chronik des Gasthauses „Zur Post“:

  • 1885 Erbauung
  • 1887 – 1972 landwirtschaftlicher Betrieb
  • ca. 1887 – 1912/13 Haltepunkt der Postkutsche Brebach – Ensheim
  • seit 1899 Becker-Bier im Ausschank
  • 1902 – 1908 Postfiliale
  • 1945 „Notkirche“: Gottesdienste im Veranstaltungssaal
  • 1950 – 1997/98 Irma Franz Wirtin der „Post“
  • 1989 Einrichtung einer Heimatstube durch die AG „Eschringen erhalten und gestalten“ („Posthalterstube“)
  • 1999 100jähriges Ausschank-Jubiläum