Das „alte Depot“

Wer das Gebäude mit dem großen Vorplatz, von der Dorfmitte kommend, in Richtung Fechingen passiert, wird wohl kaum erkennen können, welche Funktion es einst hatte (ältere Einheimische natürlich ausgenommen). Es erinnert an jene Zeit, als durch Eschringen eine Straßenbahn nach Ensheim bzw. Ormesheim fuhr.

1911 war die „Saarbrücker Klein- und Straßenbahn AG“ gegründet worden, auf Betreiben der Stadt Saarbrücken, der Gemeinden Brebach und Ensheim, der Halberger Hütte und der Firma Gebrüder Adt (alle auch Anteilseigner). Was man natürlich brauchte, war ein geeignetes Gelände für Unterstellung, Inspektionen und Instandsetzung der Triebwagen. Dieses war bald fast unmittelbar an der preußisch-bayerischen Grenze gefunden, und zwar im Kimmbachtälchen zur Landstraße zu.

In den Jahren 1912/13 wurde das Straßenbahn-Depot dann hochgezogen; Augenzeuge war der damalige „Hilfslehrer“ Alfons Schreieck, der in seinem Roman „Das Land unter dem Regenbogen“ diese Bautätigkeiten blumig beschreibt:
„Es ist ein reges Schaffen durch das ganze Tal, selbst durch den weißen Winter hindurch. Nun liegen schon weit die Schienen und stehen die Masten, und das große, weithallige Depot auf dem früheren Ödplatz von Eschringen* ist schon unter Dach. So schnell ist noch nie ein Haus im Saarbachtal** gebaut worden und so eigenartig auch noch nicht. Da hat man noch zu schauen und zu lernen und bekommt so ein klein wenig zu schmecken von modernen Baukniffen. Man siehst erst ein Gerüst von vielen eisernen Balken, Trägern, Stützen, Stangen entstehen.

Die kühnen Konstruktionen sind wie das mächtige, nach Regeln nüchterner Zweckmäßigkeit abgestimmte Skelett eines werdenden Riesentieres anzusehen. Die Alten im Saarbachtal gucken interessiert zu und die Jungen erst recht. Und weil die Märztage gar so linde sind und an den sonnigen Rainen gegen den Vierherrenwald*** hinunter die Gräslein schon so kühnlich ihre grünen Spieße in den blauen Lenztag starren lassen und die blühenden Veilchen ihre feinen, duftigen Köpflein in das junge Licht tragen, lockt es die zittrigsten Alten hinter dem Ofen hervor. Und sie gehen gegen den Vierherrenwald hinunter, bleiben bei den Arbeitergruppen stehen und schauen neugierig den Hantierungen zu.“

Im Originaltext wurden die geographischen Angaben übrigens anonymisiert: * = Graunsberg, ** = Buttertal, *** Drosselwald

Am 11. Juli 1913 erfolgte schließlich die feierliche Streckeneröffnung. Allerdings währte die Nutzung des Depots nicht sehr lange. Nach zwei verhängnisvollen Kriegen und dem Aufstreben des Automobils sah man Ende der 1950er Jahre keine Chance mehr für einen Straßenbahnbetrieb im Saarbachtal. Die letzte Fahrt der „Linie 3“ am 1. September 1960 bedeutete auch das Aus für das Depot. In der Folge wurde und wird es gewerblich genutzt. 1993 diente es auch als imposanter Ort für diverse Veranstaltungen im Rahmen der „1100-Jahr“-Feierlichkeiten.
Die Geschichtswerkstatt Eschringen bereitet derzeit eine Ausgabe in ihrer Schriftenreihe „Eschringer Hefte“ vor, die sich der Verkehrs- und Postgeschichte des Dorfes widmet.

zurück zu Sehenswertes