Zu einem bebilderten Vortrag hatte die Geschichtswerkstatt am 20. November 2006 ins Gasthaus „Zur Post“ geladen, und in der Tat hatte sich eine beachtliche Anzahl Interessierter, auch aus den Nachbargemeinden und sogar der Landeshauptstadt, eingefunden. AG-Leiter Roland Schmitt hatte ein Referat erarbeitet, das die in Vergessenheit geratene Weinbautradition zwischen Oberer Saar und Unterer Blies beleuchtete.
Als Grundlage neben z. T. noch nicht erschlossenen Quellen diente ihm die verdienstvolle Arbeit von Dieter Hemmerling „Der Rebanbau im saarländischen Teil des Saar-Blies-Gaues“, die 1987 in der Schriftenreihe „Gersheimer Hefte“ erschienen war.
Schmitts Vortrag spannte den Bogen von der im Nahen Osten angesiedelten Frühgeschichte der Weinrebe (lateinisch „Vitis vinifera“) über die Römer, die die Kunst des Weinmachens an Mosel und Saar brachten bis ins Mittelalter, wo vor allem den Klöstern der Rebanbau anvertraut worden war. Denn der Bedarf an Wein war kontinuierlich gewachsen, als Tischgetränk und eben als Messwein für das Abendmahl (der sog. „Laienkelch“ war bis ins Jahr 1628 gereicht worden). Neben den Klöstern unterhielten auch einige Grundherrn Weinberge. Bewirtschaftet wurden diese durch leibeigene Bauern.
Ersturkundliche Erwähnungen des Weinbaus in unserer Gegend gibt es nach R. Schmitt etliche: Für Eschringen ist es eine Schenkungsurkunde aus dem Jahre 1291. Darin heißt es: „Die genannten Edelfräulein Ida und Lyza (Töchter des Ritters Heinrich Roter von Saarbrücken) sollen uns, die Vorgenannten auch darüber unterrichten, wie groß der Weinberg ist, den sie in Eschringen angelegt haben.“
Der Durchschnittskonsum an Wein zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert war immens: Nach Schätzungen belief er sich auf sage und schreibe 150 l pro Jahr und Kopf! (heute sind es grade mal 20 l!). Man unterschied im Prinzip zwei Weintypen: den „fränkischen“ – das war eine Art „Qualitätswein“, wie ihn die Klöster erzeugen konnten, und den sog. „hunnischen“: ein Synonym für schlechten und sauren Wein. An Sorten kannte man vor allem den Elbling. Der Wein aus alten Zeiten, also vom Mittelalter an bis in die frühe Neuzeit, war vornehmlich eine Art Kräuter- oder Würzwein. Man versetzte den oft recht sauren Wein eben mit Wacholder- und Holunderbeeren, Schlehenblüten, Fenchel, süßte ihn mit Honig, um ihn einigermaßen genießbar zu machen. Als Relikte dieser Verfahren sind der Wermutwein und auch der Glühwein geblieben.
Mit dem Wein- und Rebanbau ging es im 15. und 16. Jahrhundert durch Frostjahre und Schädlinge wie den Sauerwurm erst mal abwärts. In vielen Dörfern unserer Region wurden die Weingärten aufgegeben. So heißt es für Fechingen 1596: „nichts gewachsen“ und 1601: „die Reben seind vergangen“. Die verheerenden Auswirkungen des 30-jährigen Krieges und der Reunionskriege verschlechterten weiter die Bedingungen für den Rebanbau. Trotzdem ist die Anbaufläche in deutschen Landen im 16. und 17. Jahrhundert immer noch sehr groß: ca. 350.000 h! (zum Vergleich heute etwa 100.000 ha).
Was den Eschringer Rebenberg betrifft, so bleibt vieles spekulativ. Der Überlieferung nach hatten Wadgasser Mönche diesen Weinberg, vielleicht bis zum Schreckensjahr 1635, bewirtschaftet. Zeugnisse, die nach den kriegerischen Phasen im 17. Jahrhundert Rebanbau in Eschringen benennen könnten, gibt es keine. In einem Verzeichnis der wadgassischen Güter aus dem Jahre 1603 wird der „Wingerthumes“ (die Ortsbeschreibung deckt sich mit der Kartierung im Urkataster von 1844) aufgeführt. Einige Häuser im Dorf gehörten dem Kloster Wadgassen, wovon eines in der Ortsmitte lag, wie das Renovaturprotokoll von 1699 belegt, am Rebberg. Aber es gibt keinerlei Hinweise mehr auf noch praktizierten Rebanbau!
Im relativ friedlichen 18. Jahrhundert ging es, vor allem unter der Reichsgräfin Marianne von der Leyen, wieder aufwärts. Sie förderte gezielt den Obst- und Weinbau in ihrer Grafschaft Blieskastel. Die Nachwirkungen der französischen Revolution und die napoleonische Kriege warfen den spärlichen Weinbau vorübergehend zurück. Dazu tragen auch das Ende der Adelsherrschaft und die Säkularisierung der Klöster im Jahre 1806 bei. Die kirchlichen Besitztümer wurden „verweltlicht“ und versteigert. Vor allem wohlhabene Bürger aus Saarbrücken und St. Johann und einige Großbauern übernehmen die noch vorhandenen Weinberge. Die Kleinbauern legten, anfangs nur zum Eigenbedarf, Weingärten an. Dies dürfte auch im Saarbachtal der Fall gewesen sein. Zumindest mündlich überliefert ist dies an der Banngrenze zwischen Fechingen und Eschringen, nahe dem Pfaffenbrunnen. Diese Neuanlage muss aber sehr bald wieder aufgegeben worden sein, vielleicht bedingt durch den Bau der in den 1860er Jahren angelegten Landstraße, die den Weinberg teilte. Auch der Rebenberg, der im bayerischen Urkataster wieder als Flurbezeichnung auftaucht, scheint nur kurzzeitig bestockt gewesen zu sein. In Fechingen, am Ortsausgang in der Flur „In den Reben“ ist für die 1830er Jahre Weinbau nachgewiesen, und zwar für die Jahre 1834 und 1835. Die Mostgewichte müssen sehr niedrig gewesen sein: jeweils nur 5° Baumé – das entspricht etwa 5 % Alkohol.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es „trinkbaren“, vor allem roten Wein (z. B. Spätburgunder) in den preußischen Dörfern Kleinblittersdorf, Auersmacher, und Bliesransbach („Ritthof“), auf der Bayrischen Seite in Bliesmengen-Bolchen („Bolger Reben“), Habkirchen und Reinheim.
Spätestens nach dem Krieg 1870/71 ging es mit dem bescheidenen Weinanbau wieder rapide abwärts. Preiswerte und gute Weine aus der Pfalz und von der Mosel überschwemmten den heimischen Markt. Auch die Trinkgewohnheiten veränderten sich. Immer populärer wurde das durch Steuernachlässe billiger gewordene Bier sowie Kaffee, Tee und Kakao. Für die Winzer wurde der Weinanbau zunehmend unrentabel: Winterfröste setzten den Rebstöcken zu, machen sie auch anfällig für Pilzkrankheiten und Schädlinge, z. B. die Reblaus. Durch die einsetzende und sich ausbreitende Industrialisierung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wanderten viele billige Arbeitskräfte in die Fabriken und Kohlengruben ab. Anstelle von Rebstöcken pflanzte man nunmehr Obstbäume.
Seit Ende der 1990er Jahre gibt es verschiedene Initiativen und Projekte, die kulturhistorisch Weinbau im Bliesgau wiederzubeleben versuchen, so in Reinheim, in Wittersheim und eben auch in unserem Dorf, wo zudem am Rebenberg ein kleiner Weinlehrpfad angelegt werden soll. (rs)