05.02.2001 – Diavortrag „Das Land an der Saar zu Kaisers Zeiten“

Am 5. Februar 2001 referierte Herr Dr. Hans-Joachim Kühn aus Düppenweiler erneut bei der Eschringer Geschichtswerkstatt im Gasthaus „Zur Post“. Als Thema stand die Geschichte des Deutschen Reiches von 1871 – 1918 auf der Tagesordnung. Wie sah es an der Saar vor gut 100 Jahren aus? Wie arbeiteten, wohnten, lebten unsere Vorfahren? Diese und andere Fragen zur Sozial- und Alltagsgeschichte wollte Dr. Kühn zum einen mit einem einleitenden Referat, zum anderen mit (zum größten Teil nicht veröffentlichten) zeitgenössischen Photographien aus saarländischen Sammlungen (u. a. heimatkundliche Vereine, Saarberg-Archiv) zu beantworten versuchen.
Seinen Vortrag hatte er nach drei Schwerpunkten gegliedert. Zuerst widmete sich Dr. Kühn der nach dem Krieg 1870/71 gegen Frankreich einsetzenden Aufbruchsphase im neuen „Deutschen (Kaiser-) Reich“. Diese war geprägt von einer militärischen und patriarchalischen Grundstimmung, in dem der Untertanengeist dominierte und in der sich alles den „vaterländischen“ Interessen unterzuordnen hatte. Ein wahrer „Kaiserkult“ blühte auf, und Kritik an den strengen Vorgaben von Politik und Wirtschaft war verpönt. In der Saarregion, die bekanntlich politisch von den Königreichen Preußen und Bayern (und auch Großherzogtum Oldenburg) verwaltet wurde, vollzog sich nunmehr – bedingt durch die fortschreitende Industrialisierung – ein immenser Wirtschaftsaufschwung. Es entwickelten sich Familiendynastien wie die der Röchlings und der Stumms, die auch im Deutschen Reich eine gewichtige Rolle spielten. Neben dem Bergbau und der Schwerindustrie gewann auch die Glas- und Keramikindustrie zunehmend an Bedeutung. Die Verkehrswege wurden den neuen Bedingungen angepasst, das Eisenbahnnetz erweitert und die Schifffahrt auf der Saar ausgebaut. Gegen Ende des 19. Jahrhundert, der sog. Gründerzeit, zählte das Saarrevier zu den wohlhabendsten Regionen im Deutschen Reich.
Dr. Kühn beleuchtete aber auch mit eindrucksvollen Bildern die soziale Situation. Für das Gros der Menschen war der Alltag „in der guten alten Zeit“ keineswegs ein Zuckerschlecken gewesen. Männer und Frauen mussten in den Fabriken und Gruben, im Haushalt und auf dem Feld hart arbeiten. Einen Ausgleich bot das sich in jener Zeit entwickelnde Vereinsleben, das nicht nur die Geselligkeit, sondern auch solidarische Bindungen förderte. Immerhin gab es auch auf dem sozialen Sektor gewisse Fortschritte und Sicherungssysteme, und auch die Möglichkeit zum Erwerb von Immobilien (z. B. „Prämienhäuser“) wurde den Arbeitern eingeräumt.