27.03.09: Miller Anderson Trio – mehr als ein Hauch von Woodstock!


Da sollten sich die Programmmacher der AG Eschringer Vereine e. V. ja mal gründlich täuschen: In der lokalen Presse hatte man „eine bunte Mischung aus Blues, Folk und melodischem Rock“ angekündigt, die „weitgehend ‚unplugged’“ dargeboten werden sollte. Aber es kam (etwas) anders – der SZ-Redakteur hatte für die Ankündigung in der Beilage „treff.region“ vorausschauend „Die Post geht ab“ getitelt.
Bereits beim Soundcheck im legendären Saal des Gasthauses „Zur Post“ war Gitarrist und Sänger Miller Anderson aufgefallen, dass Gast-Drummer Uli Twelker aus Gütersloh (er hatte hier bereits mit Chris Jagger und Charlie Hart gejammt) bestens auf den Gig vorbereitet war. Twelker hatte sich die Setlist telefonisch durchgeben lassen und dann zuhause im Keller zwei Wochen lang intensiv geübt.
Der Kartenvorverkauf ließ erahnen, dass der Saal wieder proppenvoll werden würde. Die Gesangsanlage hatte Uli Twelker mitgebracht, den Gitarrenverstärker stellte SARREBRUCK-LIBRE-Chef Roland Helm zur Verfügung.

Für das passende Licht sorgte in bewährter Manie Andreas Moog. Miller Anderson, schottisches Gitarren-Ass mit zahlreichen Referenzen (u. a. bei Marc Bolans T. REX, Donovan, DEEP PURPLEs Jon Lord und der SPENCER DAVIS GROUP aktiv), war mit Bassist Kris Gray (Ex-EDGAR BROUGHTON BAND) angereist: im Gepäck lediglich eine E- und eine akustische Gitarre, dazu zwei E-Bässe. Es konnte also losgehen! Roland Schmitt begrüßte das Publikum, bat um Verständnis für fehlende Sitzgelegenheiten und stellte das Trio kurz vor. Dann legten Miller & Co. los, untermauerten mit dem „City Blues“, warum Eschringen eben auch ein Stadtteil ist! Etwas ruhiger, zu Rumba-gestütztem Schlagwerk, erklang ein Slow-Blues „Fallin’ Back Into The Blue“), zu der auch Millers prägnantes Mundharmonikaspiel erklang. Bereits jetzt spürte man, dass die drei – obwohl erstmals gemeinsam auf der Bühne – trefflich harmonierten. Miller drehte die Zeituhr nun um runde 40 (!) Jahre zurück und rockte los mit Songs („Sinnin’ For You“, „Just To Cry“, „Leavin’ Trunk“) aus dem KEEF-HARTLEY-BAND-Album „Halfbreed“, die er einst auch in Woodstock gespielt hatte. Im Publikum kam mehr und mehr Begeisterung auf, vor allem bei den Slide-guitar-Einlagen und den Gitarrensoli, die belegten, welch’ ein klasse Gitarrist Miller Anderson letztlich ist. Mit „By The Light“ folgte ein potenzieller Hitsong aus dem aktuellen Album „Chameleon“, den das Trio in einer ausgedehnten und improvisierten Fassung brachte. Uli Twelker brillierte dabei mir einem (ersten) fulminanten Drum-Solo, das auch Miller und Kris mit Applaus bedachten. Vor der Pause gab’s dann eine bezaubernde Fassung der Ry-Cooder-Ballade „Across The Borderline“ – nur mit E-Gitarre und Millers kraftvoller Stimme – sowie das von den ANIMALS her bekannte Traditional „House Of The Rising Sun“ in neuem Gewand.

Auch im zweiten Teil sollte die akustische Gitarre im Koffer bleiben. Miller & Co. setzten weiter auf Roots- und Blues-Rock. Es folgten weitere „Kracher“ aus dem Soloalbum „Bluesheart“ („High Tide & High Water“) und aus „Halfbreed („Think It Over“) sowie zwei Stücke aus der LP „Boogie Brothers“, als Miller mit Kim Simmonds und Stan Webb die sog. „Frontline“ von SAVOY BROWN bildete. Der eingängige Boogie-Rock von „Everybody Loves A Drinking Man“ animierte fast zwangsläufig zum Mitklatschen. Den Siedepunkt des unvergesslichen Konzertes erreichten die drei mit einer tollen Version von Jimi Hendrix’ „Hey Joe“: Jetzt waren alle im Saal definitiv in Woodstock „angekommen“! Mit einer musikalischen Verbeugung vor seinem schottischen Heimatdorf „Houston“ sagte Miller „Goodbye“. Klar, dass das Trio nicht ohne eine ausgiebige Zugabe von der Bühne gelassen wurde: Vor allem Willie Dixons Blues-Klassiker „Spoonful“ sorgte für mehr als zufriedene Gesichter. Dass der nette „unplugged“-Abend einem pulsierenden Blues-Rock-Gig hatte weichen müssen, hatten wohl alle Besucher letztlich bestens „verschmerzen“ können!

Fotos: Jochen Siess

Weitere Berichte:

http://www.musikreviews.de/live/Miller-Anderson/27-03-2009/